Über die Anlage

Rangieren auf kompaktem Raum

Wenn in der Wohnung kein eigener Hobbyraum für die Modellbahn verfügbar ist, dann wird es meistens recht schwierig, dem geliebten Hobby außerhalb von Schachteln oder Vitrinen nachzugehen. In meinem Fall hatte ich das Glück, im Wohnzimmer an einer Wand entlang eine 5,10m lange Segmentanlage aufstellen zu können. Bei der Tiefe der Segmente musste ich mich allerdings auf lediglich 50cm beschränken. Das trotz dieser schmalen Abmessungen eine realistische und auch betriebsame Anlage entstehen kann, möchte ich Ihnen auf den folgenden Seiten gerne zeigen.

Plan der kompletten Anlage: Der Hauptteil ist 5,10m lang. Die Segmente sind 50cm Tief. Der Abstellbahnhof hat eine Länge von 2,50m und ist 15cm Tief.

Vorbildwahl und regionale Ansiedlung

Bevor es für mich überhaupt an die konkrete Planung meiner Modellbahnanlage ging, galt es zu klären, wie die Abmessungen und die Konstruktion der Anlage aussehen sollten. Fest stand jedenfalls, dass die Anlage für etwaige Umzüge zerlegbar sein muss, und die Größe geeignet ist, im Wohnbereich an einer Wand Platz zu finden. Für den Unterbau stand also eine Modulkastenkonstruktion fest. Bei der Größe entschied ich mich, die Tiefe der Module nicht größer als 50cm zu planen. In der Länge sollte die Anlage variabel bleiben, was sich nach einem Umzug bereits als gute Entscheidung herausstellte. So betrug die ursprünglich geplante Gesamtlänge der Anlage 3,60m; mittlerweile wird die komplette Wand im Wohnzimmer von 5,10m verwendet.

Nachdem nun die zur Verfügung stehende Fläche feststand, begab ich mich auf die Suche nach passenden Vorbildsituationen zum Nachbau. Das im Maßstab 1:87 H0 an die typischen langen Güterzüge Nordamerikas bei der Größe der Anlage nicht zu denken war, daran gab es keinen Zweifel. Aber wie wäre es mit einer kleinen Stichstrecke ausgehend von einem größeren Bahnhof in ein Industriegebiet? Hier gäbe es genügend Aufgaben zum Rangieren, die Länge der Züge könnte recht kurz sein, und bei geschickter Auswahl der angesiedelten Betriebe wäre auch ein vielfältiges Angebot an zu verwendenden Wagen gegeben. Es stand außerdem fest, dass es kein Nachbau einer konkreten Vorbildsituation geben sollte, sondern eher eine Zusammenstellung diverser „Signature Scenery“-Elemente, die typisch für die gewählte Vorbildregion sind und einen stimmigen Gesamteindruck vermitteln.

Mittlerweile hatte ich mir auch meine erste Diesellok gekauft: es war ein Modell von Athearn Genesis einer EMD SD70ACe der Montana Rail Link (MRL). Mir gefiel die Farbgebung sehr gut und nach kurzer Recherche über die Vorbildbahngesellschaft stand auch fest, dass diese Bahngesellschaft für meine Planung sehr geeignet ist. Mit Beschaffung dieses Modells war auch der betriebliche Zeitraum der Anlage festgelegt; die MRL beschaffte im September 2005 erstmals 16 Maschinen dieses Typs.

SD70ACe der Montana Rail Link – Modell von Athearn Genesis

Die MRL ist eine Class II Bahngesellschaft mit Sitz in Missoula, MT und einem Streckennetz von etwa 937 Meilen (ca. 1508 km) Länge. Die Hauptstrecke der MRL führt in Montana von Billings über Laurel, Livingston und Missoula nach Sandpoint in Idaho. Neben den eigenen Zügen der MRL verkehren hier auch Züge der Burlington Northern Santa Fe (BNSF), welche auf dieser Strecke Mitnutzungsrechte (Trackage Rights) besitzt. Dadurch können hier auch teilweise Züge beobachtet werden, welche sowohl von Lokomotiven der MRL als auch der BNSF, teilweise sogar gemischt, gezogen werden.

Hier finden Sie eine Route Map der Montana Rail Link zur Orientierung.

In Missoula, MT und in Laurel, MT befinden sich größere Rangierbahnhöfe der MRL und in Livingston, MT befindet sich eine Werkstatt für Instandhaltung der Lokomotiven der MRL. Beim Betrachten der Bahnanlagen auf Satellitenaufnahmen aus Google Maps entdeckte ich in Livingston eine kleine Strecke, welche vom Bahnhof in ein Industriegebiet führte; genau die Situation, welche ich für meine Anlage erwogen hatte.

Der Bahnhof Livingston, MT liegt im Bereich der „2nd Subdivision Main Line“ der MRL. In Richtung Westen führt die Strecke nach Helena, MT und Missoula, MT. Nach Osten geht es nach Laurel, MT und in Richtung Süden zweigt die kleine Stichstrecke ins Industriegebiet ab. Diese Richtungsangaben waren eigentlich für den Bau der Anlage nicht wichtig, da weder die Hauptstrecke noch der Bahnhof Livingston nachgebaut oder angedeutet werden. Aber für die späteren betrieblichen Rangierabläufe sind diese Angaben von Belang, da hiermit die Anlage im Gesamtnetz der Eisenbahn platziert wird.

Vom Plan zum Bau – die Gleisbauer gehen ans Werk

Die gesamte Anlage besteht aus insgesamt fünf Segmenten sowie aus einem Anbauteil mit einem kleinen zweigleisigen Fiddle Yard. Jedem Segment wurde eine Industrie als Thema zugeordnet. Bei der Wahl der Industriebetriebe wurde zum einen auf regionale Themen geachtet, aber hauptsächlich auf einen möglichst abwechslungsreichen Einsatz verschiedenster Wagentypen.

Bei der Planung der Anlage habe ich mich sehr von den Heften aus dem Kalmbach-Verlag „Industries along the tracks“ (Teile 1 bis 4) inspirieren lassen. Generell bietet dieser Verlag unheimlich viele Themenhefte zu den verschiedenen, von der Eisenbahn bedienten, Industriezweigen an; allesamt sehr hilfreich beim Verständnis, wie nordamerikanische Bahnen funktionieren.

Rohbau eines Segments – die Aufnahme entstand 2013

Für den Bau der Segmente wurde auf Bausätze für Rechteckmodule mit MOBAdul-Kopfstücken von IMT Axel Frowein Modellbau zurückgegriffen. Als Segmentkästen besitzen diese einen geschlossenen Deckel, auf den eine zwei Zentimeter starke Styrodur-Platte aufgeklebt wurde, um zum einen eine Geräuschdämmung zu erhalten, und um zum anderen eine Basis für die Geländegestaltung zu erhalten.

Eine Aufnahme aus dem Jahr 2013: gut zu Erkennen ist, dass die Gleise auf die Styrodur-Platte aufgeklebt und bereits vor dem Einschottern mittels Airbrush die Schienenprofile gealtert wurden.

Das verwendete Gleismaterial stammt aus der Code83 Streamline – Serie von PECO, welches nach US-Vorbildern gestaltet ist. Die Gleise besitzen Schienenprofile mit 2,1 mm Höhe und sind besonders gut für RP25-Radsätze geeignet, welche überwiegend an Modellen der Amerikanischen Hersteller zu finden sind. Außerdem sind alle Unterschiede zum europäischen Gleissystem berücksichtig, so zum Beispiel der engere Schwellenabstand, die einfacheren Kleineisen sowie die andere Lage und Anordnung der Schwellen in Weichen. Besonders angetan hatte mich an den PECO-Weichen die Konstruktion mit dem Federmechanismus an den Weichenzungen, welche eine Ausrüstung mit Weichenantrieben oder Bowdenzügen überflüssig macht. Genau das Richtige für meine Anlage, denn ich wollte die Technik so einfach wie möglich halten; und da die Weichen sowieso alle als Ortsgestellt vorgesehen waren, passte dies direkt doppelt.

PECO Streamline Code83 Gleis eingeschottert mit ASOA Schotter

Die Gleise wurden mit Montagekleber direkt auf die Styrodurplatten aufgeklebt und später mit Schotter von ASOA eingeschottert. Alle Gleisabschnitte werden durch von unten an die Schienenprofile angelötete Kabel mit Strom versorgt. Die Polarisierung der elektrisch leitenden Herzstücke erfolgt über die Weichenzungen; hier bleibt anzumerken, dass dies sehr gut funktioniert, allerdings auch regelmäßige Reinigung der Weichenzungenspitzen voraussetzt.

Den Abschluss der Anlage nach hinten bildet ein Hintergrund auf 3mm starken HDF-Platten. Diese wurden mit Abtönfarben in Blau mit Verlauf nach Weiß grundiert. Die Übergänge der Anlage zum Hintergrund wurden mittels Fotoausdrucken von realen Landschaftsmotiven kaschiert. Diese Fotos wurden aus zahlreichen Einzelbildern zusammengefügt, welche aus Google Streetview entnommen wurden, womit es sogar möglich war, Bilder aus genau der nachgebildeten Vorbildregion zu erhalten.